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Sonntag, 9. Juli 2017

PORTUGAL. THE MAN / Woodstock [Review]

Nun ist es also passiert! Seit 2004 machen PORTUGAL . THE MAN wunderbaren IndieRock und im verflixten 13ten Bandjahr ist er da, der Hit. Über "Feel It Still" habe ich in den New Songs Vol. 151 im März alles gesagt, nun mal reinhören, ob wir die Indielieblinge mit "Woodstock" an den Mainstream verlieren.


Schon bei "Evil Friends" unter den Produzentenfittichen von Danger Mouse wurde der Sound sehr poppig und fett, aber "Woodstock" ist fetter und wenn "Evil Friends" modern war, dann ist "Woodstock" hypermodern.

Das Album beginnt mit "Number One" und einem Sample von Woodstock-Veteran Richie Havens. Aber auch wenn der Einstiegssong mit dem Sample suggeriert, dass Portugal. The Man ein politisches Signal in unruhigen Zeiten setzen wollen, ist "Woodstock" in Wahrheit eher eine Partyplatte modernster Ausprägung geworden, die zwar einen gewissen Freiheitsdrang transportiert, aber in den Texten keinesfalls den Finger in die offenen Wunden unserer Gesellschaft legt oder gar aufrührerisch tätig werden könnte.



"Easy Tiger" hat ähnliches Hitpotential wie "Feel It Still". Die früher immer leicht versteckten Melodien liegen völlig offen, man erkennt die Band schon noch, aber dieser hypermoderne ElectroIndieRock, in dem bisher MGMT tonangebend waren, nimmt der Band aus Alaska ein stückweit ihre bisherige Unverwechselbarkeit.

Im Mainstream-Radio wird man die Band deswegen sicher öfter hören, Mitsingnummern wie "Live In The Moment" oder "Tidal Wave" können problemlos zwischen Coldplay und Britney Spears platziert werden. Das klingt jetzt nicht gerade positiv, ist aber gar nicht so gemeint, denn diese beiden Songs sind exzellente Popnummern, haben aber nur noch wenig mit den alten Portugal. The Man zu tun.



Nach diesem achten Album wird man das Quintett wohl kaum noch in kleineren Hallen live erleben können. So gut wie jeder Song eignet sich perfekt dafür, als Hymne aus tausenden von Kehlen zu erklingen. Ich sehe schon 1000 Teenies Handys in die Höhe halten, statt den Moment zu leben :-(. Der Weg der Bandgründer John Gourley und Zach Carothers, die einst mit der Hardcore-Punk-Band Anatomy of a Ghost ins Musikbusiness starteten, führt ganz klar in die Stadien dieser Welt.



Für das Erste sind Portugal. The Man für den Musikliebhaber mit dem etwas anderen Musikgeschmack verloren, aber wer weiß, ob die Band nicht irgendwann den Weg zurück bestreitet, vielleicht mit der Veröffentlichung des auf Eis gelegten Albums "Gloomin & Doomin"?

Ich kann "Woodstock" durchaus etwas abgewinnen, aber im Moment überwiegt der Verlust der alten, unvergleichlichen Portugal. The Man. Es ist so, als ob ein guter alter Freund, mit dem man früher jeden Unsinn verzapfen konnte, plötzlich nur noch Anzug trägt, der CDU beigetreten ist, einen Mittelscheitel trägt und den größten Kick bekommt, wenn sein Aktienportfolio Gewinnwarnungen ausspuckt.



Tracklist:
01 Number One feat. Richie Havens and Son Little
02 Easy Tiger
03 Live In The Moment
04 Feel It Still
05 Rich Friends
06 Keep On
07 So Young
08 Mr Lonely feat. Fat Lip
09 Tidal Wave
10 Noise Pollution feat. Mary Elizabeth Winstead & Zoe Manville

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