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Mittwoch, 17. Juli 2013

MIDNIGHT JAGGERNAUTS / Uncanny Valley

Diese Australier werden mir in diesem Jahr etwas unheimlich. Egal in welchem Genre, die Acts (Scott Matthew, Pond, Angus Stone, Tame Impala, etc.) von Down Under punkten 2013 ganz außerordentlich.

"Uncanny Valley" ist der dritte Longplayer von den Midnight Jaggernauts aus Melbourne. Die schönste Umschreibung der Musik des Trios findet sich auf Wikipedia, wo zu lesen ist, dass die Musik der Band gut mit  Band Prog Dance meets Cosmic Film Scores zu umschreiben ist.

Ich versuche es mal etwas verständlicher: Die Midnight Juggernauts sind die im Weltraum verlorengegangene Variante der Pet Shop Boys. Sie bleiben dem Pop und damit der Melodie verpflichtet, fühlen sich aber stark Trance- und Clubsounds verbunden.

Ob "HCL", dem Einstiegssong des Albums deswegen etwas Klerikales anhaftet, weil das Album in einer Kirche im Loire-Tal aufgenommen wurde, weiß ich nicht, aber er hat definitiv etwas Meditatives mit seinen sphärischen Keys und den schwebenden Gesängen über dem monotonen Beat.



"Ballad of the War Machine" klingt wie französischer Chanson à la Air. Auch hier klingen die Keys irgendwie nach Kirchenorgel und die "Aaahaaahas" lassen vor meinem geistigen Auge schlimme Szenen aus Bilitis auftauchen. Muss man sich trauen ;-)

Die zweite Singleauskopplung, nach "Ballad of the War Machine" ist "Memorium". Der Sound klingt verdammt nach Andreas Dorau, wobei ich annehme, dass die Australier von Dorau - im Gegensatz zu Giorgio Morodernoch nie gehört haben. Sollte es dem geneigten Leser ebenso gehen, so sei ihm dringend das 94er Album "Neu!" von Dorau ans Herz gelegt. Aber zurück zu "Memorium" auf dem auch noch deutliche Anleihen aus dem 1991 erschienenen weltweiten Mega-Hit "Gipsy Woman" von Crystal Waters zu hören sind. Neu geht also anders, aber trotzdem, oder vielleicht gerade wegen der gut geliehenen Zutaten, ist "Memorium" ein Ohrwurm, bei dem man das Füßchen kaum stillhalten kann.


Midnight Juggernauts - Memorium (Official Video) from Record Makers on Vimeo.

"Streets of Babylon"  und "Sugar and Bullets" sind Songs, die durchaus aus der Feder von Neil Tennant und Chris Lowe stammen könnte. Das Rhythmusgerüst ist ein eigentlich ziemlich stupider Disco-Fox-Beat, der aber mit ausgeprägtem Sinn für Melodieführung gerettet wird. Würde mich interessieren, ob Tanzschulen mit Disco-Fox-Kursen die Midnight Juggernauts in ihrer Playliste haben ;-)

Mit einer fast akustischen Gitarre startet "Master of Gold", aber es dauert nur wenige Sekunden, bevor sich Keys dazugesellen, die wie Harfenklänge modulieren. Von der eingangs erwähnten Wikipedia-Beschreibung trifft hier speziell der Passus Prog Dance genau ins Ziel.



Anschließend kommen die beiden poppigsten Songs des Albums  "Systematic"  und "Deep Blue Lines", daran ändern auch die kleinen psychedelischen Ausreißer im erst genannten Songs nichts. Beide Songs sind Nummern mit extrem klebenden Refrains und hoher Radiotauglichkeit.

Das ausgefallenste, weil experimentierfreudigste Stück auf "Uncanny Valley" ist das düster ausgefallene "Another Land". Die Vocals sind ausnahmsweise sehr tief, der Beat schneller und die Keys zwar immer noch sehr spacig, aber mit sehr viel mehr Dramatik als bei den anderen Songs.

Zum Schluss gibt es mit "Melodiya" einen kleinen Trip Richtung Indien, der aber auch bei Donna Summers "I feel Love" (1977!) vorbeischaut. Fazit: Wenn Daft Punk mit "Random Access Memories" in diesem Jahr die Wiederbelebung des Disco-Funk gelungen ist, dann haben die Midnight Jaggernauts auch ein ziemlich gutes Blatt auf der Hand und wenn dabei alte Helden wiederentdeckt werden, soll es mir gerne recht sein.

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