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Freitag, 20. Januar 2017

FOXYGEN / Hang [LP]

Jetzt ist es passiert! Die beiden New Yorker Psychedelic-Freaks Sam France und Jonathan Rado haben sich mit einem 40-köpfigen Symphonieorchester ins Studio begeben um eine fröhlich bekiffte überkandidelte Elton John-meets-David Bowie-meets-Elvis-Platte im Jim Steinman-Sound aufzunehmen.


Als Gastmusiker auf dem mittlerweile fünften FOXYGEN-Album sind die Lemon Twigs und Steven Drozd von den Flaming Lips mit an Bord, für die Arrangements zeichnen sich Trey Pollard  (Spacebomb) und Matthew E. White verantwortlich.

"Hang" ist mit etwas mehr als einer halben Stunde Spielzeit und acht Liedern zwar ein sehr kurzes Album geworden, aber es wäre nicht Foxygen, wenn nicht trotzdem unzählige Spieler- und Spinnereien quer durch die Popgeschichte darin untergebracht wären.

Es scheint ganz so, als hätten die beiden Lemon Twigs-Brüder mit ihrem famosen Debütalbum "Do Hollywood", ihre Förderer dermaßen beeindruckt, das sich France & Rado dazu veranlasst sahen ein ähnlich poppiges opulentes Werk zu kreieren, denn die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Alben sind durchaus vorhanden. Während die Lemon Twigs auf ihrem Debüt allerdings durchaus auch rockige Momente haben, verzichten Foxygen auf "Hang" vollkommen auf Rock and Roll und setzten stattdessen Sounds, die wie aus einem Musical klingen in Verbindung zum orchestralen Zuckergusspop.

Das Album beginnt mit dem bereits bekannten, schmachtend und großspurig in Streichern badenden, "Follow the Leader". Je öfter ich die Nummer höre, desto mehr swingt sich der Schmeichler in meine Ohren. Vielleicht führt es irgendwann sogar dazu, dass ich mich bei einer Formationstanzgruppe für Senioren anmelde?



Titel Nummer 2, "Avalon" klingt ebenso gut gelaunt und erinnert gleichzeitig an Grease, Stummfilmelodien, Westersoundtracks und das Electric Light Orchestra. Vier Dinge, die mir eher fremd sind, die aber in dieser unglaublich kitschigen Mischung wahrscheinlich sogar dazu führen können, dass man sich mit einem Vollpfostennachbarn wieder singend in den Armen liegt. Was für ein Gedudel!? Wahrlich ein mystischer Ort! Wer sich gerade im Schlechte-Laune-Modus befindet, wird die Platte wahrscheinlich an die Wand nageln.

Ich komme nicht umhin nach "Mr. Adams", das stellenweise so pathetisch klingt wie ein später Elvis-Song, und dem bereits bekannten hyperkitschigem "America" zu resümieren, dass Foxygen die Grenze zum Kitsch mit offenen Augen und ganz sicher in vollem Bewusstsein kilometerweit überschritten haben. Ich gestehe, ich fühle mich nach den ersten Hördurchgängen auditiv überfordert :-(. Ist das Kunst oder kann das weg? Werden meine Ohren sich dem Gesamtwerk irgendwann so zuwenden wie es der Song "Follow the Leader" letztendlich doch getan hat?



Die Elton John-Gedächtnisklavierballade "On Lankershim" mit Slide-Gitarre und Streichern gefällt mir schon beim ersten Hören. Klar wird auch hier in Saus und Braus der Pop gepudert, aber das Stück hat einen hinreisenden Flow und irrwitzige Arrangements, die man einfach lieben muss.



Weiter mit "Upon a Hill": Back to Elvis, der sich dieses Mal etwas angetrunken mit Scott Walker duelliert und vorher haben beide wahrscheinlich etwas zu viel Monty Python-Filme gesehen. Hallelujah, ist das vielleicht die einzig wahre Möglichkeit Amerikas der kommenden Trump-Ära etwas entgegenzusetzen? Liebe und Bombast bis zur letalen Hyperglykämie?

Auf jeden Fall scheint Foxygen diesen Weg zu gehen, denn auch "Trauma" drückt auf alle sensiblen Drüsen des menschlichen Körpers! Es wird geschmachtet bis sich die Kitschbalken unter der Streicher- und Orchesterlast biegen. Bin jetzt bei der festen Überzeugung angekommen, dass für nicht Trump-Anhänger dem Album unbedingt eine Insulinspritze beiliegen sollte. Es stellt sich die Frage: gibt es eigentlich Supertramp noch????

Und jetzt Aufstehen für das Finale, denn wer gedacht hat "Trauma" wäre ein würdiges solches, der wird von "Rise up" mit Pauken und Trompeten ... und natürlich Flöten und Streichern ... eines besseren belehrt. Es wäre ja schön, wenn wirklich jeder die Welt retten und mit Liebe überschütten möchte, aber man muss doch noch Luft kriegen! Mir bleibt die jetzt aber erst mal weg und ich bin sehr sehr unentschieden was ich vom VarietéPop-Album "Hang" halten soll. Einzelne Song, wie "Follow the Leader" oder "On Lankershim", erfreuen mein eigentlich gar nicht so unromantisches Herz, aber mit den meisten Songs geht es mir so, als hätte ich ein komplett gefülltes 1-Liter-Naschglas mit Süßigkeiten in 5 Minuten verputzt. Rülps.

Tracklist:
01 Follow the Leader
02 Avalon
03 Mrs. Adams
04 America
05 On Lankershim
06 Upon a Hill
07 Trauma
08 Rise Up

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