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Samstag, 20. Februar 2016

VILLAGERS live in Düsseldorf [Concert Review]

Location: Zakk
Date: 19.02.2016
Support: Ye Vagabonds

 

Es muss schon etwas Außergewöhnliches sein, dass Kölner den Rhein überqueren. 

Wer schon einmal die Intensität eines VILLAGERS-Konzerts erleben durfte, der wird mir Recht geben, dass Conor J. O'Brien und seine Band es rechtfertigt, diesen Schritt zu wagen.

Freitagabend im D-Dorf an der Düssel. Erstaunlicherweise gibt es keinen Parkplatzmangel am Ort des Geschehens. Auch eine Schlange am Einlass beim Ort des Geschehens ist Fehlanzeige. Stattdessen trifft Yps direkt auf ein paar Arbeitskollegen aus Köln. Wahrscheinlich sind alle Kölner, die beim letzten Villagers-Konzert im Gebäude 9 im Mai 2015 waren, heute Abend auch im ZAKK, um noch einmal einen solch magischen Moment zu erleben.

Ich selber habe dieses Ereignis leider verpasst, aber mein treuer Konzertbegleiter C. war dort und schwärmt seitdem ununterbrochen in den höchsten Tönen: "Man hätte eine Stecknadel fallen hören!".

Seine Begeisterung führte dazu, dass wir alle von ihm zu Weihnachten das Ticket für den heutigen Abend erhielten und nun zu fünft, neben den bereits Erwähnten, natürlich auch die unverwüstliche V. und die frisch aus Asien zurückgekehrte Frau Hase, mit höchsten Erwartungen an einen Freitagabend in Düsseldorf stehen. Sachen gibt's!

Dass ZAKK füllt sich langsam, ausverkauft wird es aber wohl nicht werden, und noch bevor wir das erste Bierchen in Händen halten, spielen schon die Ye Vagabonds aus Irland ihren Support. Die beiden Herren sind äußerst sympathisch und talentiert, aber das ausgeprägte Tremolo im Gesang geht mir schon nach kurzer Zeit etwas auf die Nerven - vielleicht vertragen meine grippegeschwächten Ohren heute Abend aber auch einfach solche Klänge nicht, denn meinen Konzertmitstreitern gefällt, was sie hören.

Wir platzieren uns nach dem relativ kurzen Set der Ye Vagabonds weit vorne, da noch genügend Platz scheint, aber eine Düsseldorferin sieht dies ganz anders und quatscht uns dumm von der Seite an. Mädchen, Mädchen, wenn du 3qm Umgebungsfreiraum brauchst, dann bring die Absperrhütchen mit oder besser noch spiel Tennis, da hast du beim Einzel ein Netz zwischen dir und anderen Menschen.

Dann betritt Conor - ist er etwa noch kleiner geworden oder macht das der Vollbart? - mit vier Mitmusikern die Bühne. Eine rothaarige Dame an der Harfe, ein Herr mit Batschkapp an den Keys, ein Schlagzeuger und ein Kontrabassist. Ja, es hat sich so einiges an der Instrumentierung geändert, seit Conor Spaß daran gefunden hat, seine Songs in neue Gewänder zu kleiden.

Das aktuelle Album "Where Have You Been All My Life" (Album-Review) zeigt eindrucksvoll wie ausgezeichnet das Songwriting des Iren ist und wie wunderbar unterschiedliche Arrangements einen Song verwandeln können.

Conor hatte für die Tour zum Album schon angekündigt, dass er selbst noch nicht genau wüsste wie er die einzelnen Lieder präsentieren werde, es könne nämlich durchaus sein, dass sich der ein oder andere Song erneut verwandle. Wie bereits gesagt, Conor scheint es unglaublich Spaß zu machen mit seinen Lieder zu spielen und was sind bessere Voraussetzungen für ein Konzert als ein Künstler, der etwas mit Leidenschaft und Spaß präsentiert.

Wir hatten vermutet, dass die Band wie auf dem Album mit "Set the Tigers Free" beginnt, aber der Mann am Kontrabass beginnt das Konzert mit dem Basslauf zu "Memoir". Aber Oh Gott, der Sound ist übel, die Vocals sind viel zu leise und die einzelnen Instrumente im Soundbrei kaum abgebildet. Wir vermuten, dass es an unserer Position direkt vor der Bühne liegt und flüchten beim zweiten Song "So naive" in die hinterste Reihe. Der Song ist minimalistischer, so dass man nicht direkt sagen kann, ob unser Spontanumzug etwas gebracht hat, aber auf jeden Fall ist es nun besser als vorne und mit Song Nummer Drei  "Dawning On Me" scheint man den Sound endlich einigermaßen im Griff zu haben.

Der erste Gänsehautmoment entsteht, als die Villagers "I saw the Dead" vom ersten Album "Becoming a Jackal" spielen. Jetzt ist sie da die Präsenz des Frontmanns, die Klaviertöne perlen wie Tränen. Als nächstes erklingt "The Pact (I'll Be Your Fever)", ebenfalls vom Debütalbum, aber im Gegensatz zum vorherigen Song wird an diesem Stück wieder eine Verwandlung vorgenommen. Das Arrangement wirkt wesentlich jazziger als die ursprüngliche Version, was vor allem am Schlagzeuger liegt, der dem Song einen anderen Groove gibt und ihn von der Niedlichkeit des Originals deutlich entfernt. Ungewohnt, aber mir gefällt es.

Auch "Nothing arrived", einer meiner Lieblingssongs vom 2013 erschienenen Album "{Awayland}", verändert sich in Richtung Jazz, wird aber soweit heruntergebrochen, dass aus der einst sehr poppigen Nummer ein melodramatisches Stück wird, das deutlich schwerer zu verdauen ist als im Original. Der treue Konzertbegleiter C. findet gar es tut dem Song nicht wirklich gut.

Zum Dahinschmelzen ist und bleibt "Everything I Am Is Yours", das auch von vielen Zuhörern sofort erkannt und ins Herz geschlossen wird. Endlich ist es so still wie es wohl auch im Gebäude 9 war, was bisher leider nicht durchgehend geklappt hat. Links von mir ist konstant ein Pärchen am Fummeln und quatschen und hinter mit sind zwei Herren, die zu Beginn jedes Songs einen Fachkommentar abgeben.

Aber jetzt setzt sich doch andächtige Stille durch, denn mit "My Lighthouse" kommt ein weiteres Meisterwerk aus Conors Feder. Gibt es einen schöneren Song als diesen über Freundschaft? Das bringt mich dazu, mal wieder meinen lieben Konzertbegleitern für diesen unvergesslichen Abend zu danke. Thank you friends!

Die Intensität des Konzerts wird von Song zu Song stärker. "The Soul Serene" ist mit den zarten Harfenklängen unwiderstehlich, "Twenty-Seven Strangers" vom Debütalbum glänzt durch ein völlig verändertes Schlagzeug-Arrangement und als dann mein derzeitiges Lieblingsstück "Set the Tigers Free" erklingt, bin ich wahrscheinlich nicht der Einzige hier im Saal, der die Zeit anhalten möchte, damit dieses Konzert nie zu Ende geht.

Den nächsten Song "Hot Scary Summer" kündigt Conor mit den Worten an, dass er diesen Song eigentlich sonst immer den Homosexuellen widmet, aber heute Abend einfach allen Menschen. Das Arrangement bleibt wie auf dem aktuellen Album, aber die Ansage Conors hat mich noch am Abend grübeln lassen, ob der Ire vielleicht auch Gay ist und sich damit in die großartige Riege schwuler Künstler wie Scott Matthew oder John Grant einreiht?



Die Internetrecherche am nächsten Tag bringt mich zu einer Review vom Deutschlandfunk und ich bin tief beeindruckt, was ich dort über Conor lese und was er speziell über den Song "Hot Scary Summer" und auch über "Courage" erzählt.

Nach dem vom Songwriting her etwas blassen "Little Bogot" kommt endlich der Song, der die größte Metamorphose vom Original bis zum Jetzt vollzogen hat und auch live ist "The Waves" ein episches funkelndes Kleinod mit beeindruckender Kraft. Very fein!

"Occupy Your Mind" kündigt Conor als den einzigen Song der Villagers an, zu dem man Tanzen kann und tatsächlich beginnen einige im Publikum mit dem Oberkörper zu wackeln. Der 2014 nur als Single veröffentlichte Song ist heute Abend tatsächlich die rockigste und temporeichste Nummer, aber zu "The Waves" im Original kann man doch auch sehr wohl tanzen ;-).

Mit dem letzten Song vor der Zugabe, der minimalistischen Klavierballade "No One To Blame" ,werden Körperzuckungen aber direkt wieder ausgebremst und Melancholie, Romantik und Poesie wieder nach vorne gebracht. Schon etwas kitschig, aber auch schön solche Textzeilen wie "See there's a mystery in your eyes. A kind of swimming pool, for swimming fools like me".

Das Zugabenset beginnt mit dem Glen Campbell Cover "Wichita Lineman", die zwar immer noch nach Country riecht, aber in Conors Version so voller Emotionalität steckt, dass einem ganz beseelt zu Mute wird. Irgendwie denke ich an Bonanza und Hoss und Hop Sing und unbeschwerte Kindheit. Was dieser Conor alles mit einem macht ist schon beängstigend ;-).



Und dann fragte der irre Ire doch auch noch bei "That Day", "Can you hear me now?". Ach Conor es war uns wie immer ein Fest dich zu hören und wer es jetzt immer noch nicht kapiert hat, dem wird beim letzten Song, dem herrausragenden "Courage" wohl klar, dass Villagers-Konzerte IMMER eine Pflichtveranstaltung sein sollten. Amen und Danke für die Fotos an Frau Hase.

Ö


Setlist:
Memoir
So Naive
Dawning On Me
I Saw the Dead
The Pact (I'll Be Your Fever)
Nothing Arrived
Everything I Am Is Yours
My Lighthouse
The Soul Serene
Twenty-Seven Strangers
Set the Tigers Free
Hot Scary Summer
Little Bigot
The Waves
Occupy Your Mind
No One To Blame


Zugabe:
Wichita Lineman
That Day
Courage

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